Ohne jeden Zweifel ist das Bodybuilding wohl die Sportart, in der der Einsatz von leistungssteigernden Mitteln, wie Steroiden, am offensichtlichsten ist. Während die Athleten in anderen Disziplinen nur unter Wettkampfbedingungen ihre unglaublichen Leistungen zeigen, ist einem Schwergewichtsbodybuilder rund um die Uhr seine übernatürliche Muskelmasse anzusehen. Dementsprechend im Verruf ist dieser Sport in der breiten Öffentlichkeit. Doch nicht nur die Profis, die ihren Lebensunterhalt durch ihre Wettkampfpräsenz bestreiten, benutzen Dopingmittel. Durch den Druck der sozialen Medien greifen auch immer mehr Hobbyathleten zu den Hormonpräparaten. Eine Dokumentation des YouTube Kanals STRG_F, welcher zum ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice gehört, setzte sich kritisch mit dem Thema auseinander.
„Was ist der Preis für den perfekten Körper?“ Mit dieser Frage leitet Reporterin Lucie Kluth ihre kurze Dokumentation zum Thema Doping im Hobbysport ein. Anstoß sei dabei die Geschichte der Instagrammerin Paulina gewesen, die selbst einst fanatische Bodybuilderin gewesen sei, sich nun jedoch kritisch zum „Fitnesswahn“ in den sozialen Medien äußert. Dabei behauptet die 22-jährige Sinob-Athletin unter anderem, dass man ohne Steroide nicht das ganze Jahr über ein Sixpack haben könne.
Im Zuge ihrer Recherchen trifft die Reporterin den Sportwissenschaftler Gino Singh, der sich gerade auf ein Fotoshooting als Einstieg in die Fitnessmodelbranche vorbereitet. Die beiden sind im Fitnessstudio verabredet, wobei das Training und die Ernährung des Fitnesstrainers für Außenstehende sehr anstrengend und als Quälerei dargestellt wird, was es wahrscheinlich auch ist. Doch der junge Mann brennt, wie viele von uns, für sein Ziel und nimmt die Strapazen augenscheinlich gerne in Kauf. Er habe eine hohe intrinsische Motivation, aber gibt zu, dass er es wie die meisten natürlich auch „geil“ findet, in den sozialen Medien Likes für seine Bilder zu bekommen. Ganz selbstreflektiert kann das angehende Model sagen, dass ein gewisser Narzissmus dabei eine klare Rolle spiele.

Auf die Frage nach Doping und anabolen Steroiden sagt Gino, dass er denkt, im Zuge des Wachstums der sozialen Medien sei auch der Konsum von leistungssteigernden Mitteln im Hobbybereich gestiegen. Man würde es vielen sogar nicht zwangsweise ansehen, dass sie „stoffen“, wie es in der Dokumentation beschrieben wird. Da er sich als Fitnesstrainer und Sportwissenschaftler mit dem Thema auseinandergesetzt habe, habe er natürlich auch darüber nachgedacht selbst etwas zu konsumieren. Allerdings sei ihm das Management der Einnahme über die Optimierung seines normalen Trainings und der Ernährung hinaus zu viel Aufwand. Deshalb nenne er sich bewusst „natural“.
Um einen größeren Überblick über die Szene zu bekommen, reist Lucie Kluth zur FIBO nach Köln, wobei sie sich bereits im Vorfeld auf Instagram darüber informiert habe. Laut ihrer persönlichen Meinung wirke vieles, was sie dort gesehen habe, nicht mehr natürlich. Bisher habe sie Bodybuilding als Sport nicht wirklich ernst genommen, beschreibt die freie Journalistin, doch wurde ihr in den Messehallen der Domstadt bewusst, dass Fitness ein „richtiger Leistungssport“ sei. Verschiedene Besucher mit unterschiedlichen Meinungen werden ebenfalls zum Thema Doping befragt, doch niemand gibt offen zu sich diesen Mitteln bedient zu haben.

Bei der sogenannten Bigorexie handelt es sich um eine extreme Störung des Selbstbildes, die zur Folge hat, dass man der Überzeugung ist, man hätte niemals genug Muskeln. Diese psychische Erkrankung betrifft vor allem Männer und ähnelt der Magersucht, wobei sie aufgrund des unstillbaren Verlangens nach mehr Muskelmasse auch häufig etwas gegenteilig gesehen wird. In einer […]
Auch Peak-Athlet Kevin Gebhardt, der am Stand seines Sponsors besucht wurde, äußerte sich nicht eindeutig auf die Frage, ob er zu Dopingmitteln greifen würde. Doch sagt der IFBB Elite Pro, dass in diesem Sport natürlich viel gedopt werde. Darüber hinaus sei allerdings die Kontinuität in Sachen Training, Ernährung und Supplemente bestimmend über den Erfolg im Bodybuilding.
Auch Paulina, die den Anstoß für die Doku gegeben habe, trifft Lucie Kluth in den Kölner Messehallen. Laut ihr würde natürlich niemand offen zugeben Steroide zu benutzen, doch unter Insidern würden dann doch Geschichten ans Tageslicht kommen, die die Psychologiestudentin gegenüber den Followern einfach nur gemein findet. Es würde vorgegaukelt werden, dass viel der beeindruckenden Körper auf Instagram und Co. nur durch hartes Training und Ernährung erreicht werden könnten, obwohl die Influencer zusätzlich leistungssteigernde Substanzen einnehmen würden.
Um besser zu verstehen, wie der Umgang mit den verschreibungspflichtigen Medikamenten im Hobbysport vonstattengeht, begibt sich die Reporterin auf die Suche nach entsprechenden Präparaten im Internet und wird schnell fündig. Dabei könne man jedoch nicht wissen, woher die illegalen Substanzen kommen würden, ob sie gepanscht seien oder überhaupt beim Besteller ankommen würden. Aus rechtlichen Gründen habe man zwar nichts bestellt, doch beschreibt die Dokumentation, wie der Zoll immer wieder Untergrundlabore aushebe und die Zahl der Ermittlungsverfahren in den vergangenen zehn Jahren um das 15-fache angestiegen sei.
Schon in vielen deutschsprachigen Beiträgen, die sich kritisch mit dem Thema Doping im Bodybuilding auseinandersetzen, wurde Anja Zeidler interviewt. Die Schweizerin hat in der Vergangenheit offen zugegeben Steroide benutzt zu haben und wiederholt auch gegenüber Lucie Kluth die Lehren, die sie daraus gezogen habe. Demzufolge sei sie in verzweifelter Suche nach Anerkennung durch Likes zu der Entscheidung gekommen, ihren Körper mithilfe von Medikamenten auf das nächste Level zu bringen.

Die Nebenwirkungen, wie eine unreine Haut, Veränderungen der Stimme und Ausbleiben der Monatsblutung habe sie damals nicht so sehr wahrgenommen, da sie auf die positiven Veränderungen fokussiert gewesen sei. Nach dem Absetzen sei die Influencerin jedoch in eine schwere Depression gefallen und habe Mühe gehabt, in den Alltag zurückzufinden und gleichzeitig ein gesundes Verhältnis zum Sport sowie zur Ernährung wiederzuerlangen. Bei der Journalistin und sicherlich auch bei vielen Zuschauern wird dadurch der Eindruck erweckt, dass Fitness zu einer wahren Sucht werden kann, eine Sucht mit Nebenwirkungen.
Um genau zu klären, welche negativen Konsequenzen der Missbrauch von verschreibungspflichtigen Hormonpräparaten mit sich ziehen kann, wird ebenfalls ein Arzt herbeigezogen. Laut Prof. Martin Merkel liege eine Einsteigerkur ungefähr bei der dreifachen Dosierung, die in der Medizin im Zuge einer Testosteronersatztherapie verabreicht werde. Begleiterscheinungen, wie Prostata- und Hodenkrebs sowie Leberschäden und Atherosklerose seien dabei möglich. Auch ein Schrumpfen der Hoden und Rückgang der Spermienproduktion seien üblich. Eine gestörte Selbstwahrnehmung und psychische Probleme spielen ebenfalls oft eine Rolle, so Merkel.

Zurück bei Gino erklärt das angehende Fitnessmodel enthusiastisch, wie er versucht seine Muskeln vor dem Shooting mit Glykogen aufzuladen. Zugegeben, für Außenstehende, die wenig bis keine Ahnung vom Bodybuilding- und Fitnesssport haben, mag das sehr befremdlich erscheinen und die Lebensmittel, die der Fitnesstrainer wählt, sind eventuell ein unübliches Beispiel, doch verdeutlicht es die Leidenschaft, mit der viele an diese Sache herangehen.
Auch Fotograf Stefan, der häufig mit Fitnessathleten arbeitet, beschreibt, wie er oftmals die Nebenwirkungen der anabolen Substanzen beobachte. Demzufolge habe er es wiederholt erlebt, dass Sportler Hauptprobleme hatten und daher bestimmte Posen nicht machen wollten. Nicht nur Bodybuilder, sondern auch „Normalos“ seien davon betroffen. „Alles für ein Like“, sagt der Foto-Profi scherzhaft.

Nachdem Anja Zeidler kürzlich ihre Brustimplantate entfernen ließ, verkündete die Schweizerin bereits, dass sie mit dem Ergebnis mehr als zufrieden sei und der komplette Eingriff sehr gut verlaufen wäre. Um ihren Zuschauern jedoch noch detaillierte Einblicke liefern zu können, entschloss sich die Luzernerin dazu, ein Video zu veröffentlichen, in welchem sie nicht nur von ihren […]
Am Ende kommt Reporterin Lucie Kluth zu dem Schluss, dass hinter den Körpern, die wir in den sozialen Medien bewundern, „richtig viel harte Arbeit und Disziplin“ stecke und sie davor Respekt habe. Was jedoch als kritisch zu betrachten sei, ist, wenn Personen anfangen sich über diese Körper zu definieren und nur zufrieden seien, wenn sie ihn besitzen. Sie glaube, die Verlockung sei ziemlich groß zu Medikamenten zu greifen oder zu dopen, um den Körper auf das nächste Level zu bringen, was womöglich nicht mehr auf natürlichem Wege erreichbar sei. Die eigene Gesundheit damit aufs Spiel zu setzen, betrachte die Journalistin als schwierig.
Auch wenn der 28-minütige Beitrag nicht ganz Unrecht hat, betrachten wir den Report als ein wenig einseitig. Sicherlich gibt es zahlreiche Personen, die zu sehr auf den Muskelaufbau fokussiert sind und das Ganze beinahe krankhaft betreiben. Allerdings wird es in unseren Augen so dargestellt, als betreffe das alle, oder zumindest einen Großteil, der etwas ernsthafter Trainierenden, was wir als Szene-Insider so nicht bestätigen können. Außerdem sollte man nicht außer Acht lassen, dass es Bodybuilding und auch den Missbrauch anaboler Steroide schon vor dem Zeitalter der sozialen Medien gab und womöglich auch immer geben wird. Man sollte zwischen einem Hobbysportler ohne Ambitionen und Profis differenzieren, die das Ganze beruflich betreiben, egal ob im Bodybuilding oder anderen Disziplinen.
Abschließend können wir weiterhin anmerken, welchen positiven Einfluss Fitness auf die sozialen Medien und die Bevölkerung hat. Instagram und Co. zeigen zum einen, wie der Lifestyle auch abseits von Reis und Pute erfolgreich gestaltet werden und im Zuge einer gesunden Balance in das alltägliche Leben integriert werden kann. Zwar regt uns das Video definitiv zum Nachdenken an, doch hätte man das Thema zusätzlich aus anderen Richtungen beleuchten können.
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